Fallbeispiel: Kommunikationskonzept für eine Fahrradmarke

Fallbeispiel für ein Kommunikationskonzept aus dem Fahrradmarkt

Situation

Die inbike GmbH ist ein mittelgroßes Unternehmen, das sich auf die Herstellung von Fahrrädern spezialisiert hat. Das „in“ in dem Firmen- und gleichzeitig auch Markennamen soll dabei zum Ausdruck bringen, dass es schick ist, mit einem inbike-Fahrrad unterwegs zu sein. Das „in“ steht aber auch für „innovativ“ und „individuell“. Damit soll der Firmenname darauf hinweisen, wofür das Unternehmen steht.

Die inbike GmbH hat lange Zeit wenig Kommunikationsmaßnahmen durchgeführt und wenn, dann eher sporadisch. Trotzdem liefen die Geschäfte bisher zufriedenstellend. In den letzten beiden Jahren musste die inbike GmbH allerdings Marktanteilsverluste hinnehmen.
Aufgrund der rasanten Marktentwicklung von Ebikes und Pedelecs erwägt die inbike GmbH ihre Produktpalette in diese Richtung zu erweitern. In diesem Zusammenhang hat sie von einem Marktforschungsinstitut ihre Markenbekanntheit in der Bevölkerung ermitteln lassen. Außerdem wurde erhoben, welches Vorstellungsbild in der Bevölkerung von der Marke „inbike“ besteht. Die Geschäftsleitung war sehr erstaunt, dass die aktive Markenbekanntheit der Marke „inbike“ in der Gesamtbevölkerung nur etwa 1,5 % beträgt. Auch die passive Markenbekanntheit ist mit 2 % nur unwesentlich höher. Der Wert liegt damit unter dem mengenmäßigen Marktanteil.
Das Vorstellungsbild über die Marke ist zudem ziemlich diffus und unklar und stimmt nur teilweise mit dem angestrebten Bild überein. Der bisher zufriedenstellende Markterfolg der inbike GmbH resultiert offenbar daher, dass die Marke im Fachhandel ein gutes Image hat, geschätzt und gerne empfohlen wird.
Durch die Marktforschungsergebnisse ist die Geschäftsleitung der inbike GmbH alarmiert und will nun stärker in Kommunikationsmaßnahmen investieren. Dazu soll zunächst ein umfassendes Kommunikationskonzept erstellt werden, womit eine Agentur beauftragt werden soll. Der Leiter der Marketingabteilung erstellt daraufhin das folgende Briefing:

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Briefing                                   inbike GmbH

Angaben zum Unternehmen

Hintergrund
Die inbike GmbH wurde 1965 von Klaus Tüftelmann und Friederich Bergfall gegründet. Aus zunächst bescheidenen Anfängen hat sich das Unternehmen kontinuierlich bis zur heutigen Größe entwickelt. Nachdem Tüftelmann und Bergfall zunächst das Unternehmen als geschäftsführende Gesellschafter alleine geleitet hatten, wurden im Laufe der Zeit drei weitere Gesellschafter aufgenommen, die alle auch in der Geschäftsführung mitarbeiten. Das Unternehmen verfügt daher über eine gute Eigenkapitalbasis. Insgesamt kann die finanzielle Situation des Unternehmens positiv bewertet werden.

Produktpalette
Die inbike GmbH stellt ausschließlich Fahrräder her. Der Schwerpunkt liegt dabei auf:

  • Mountainbikes/ ATB´s
  • Treckingbikes
  • Citybikes/ Urbanbikes

Sie stellt in einem kleinen Segment aber auch Spezialbikes für besondere Bedürfnisse her.

Ebikes und Pedelecs werden bislang nicht angeboten. Es ist aber geplant, das Produktionsprogramm um Pedelecs zu erweitern.

Die inbike GmbH hat den Anspruch:

  • Fahrräder mit einem ansprechenden und ästhetischen Design herzustellen
  • innovative Fahrräder herzustellen
    Aspekte, die dabei eine Rolle spielen, sind u. a.:
    – Materialien
    – Antriebstechniken
    – Rahmenkonstruktionen
    – Verwendungsmöglichkeiten
  • Fahrräder herzustellen, die weitgehend den individuellen Ansprüchen der Kunden entsprechen

Zusätzlich legt die inbike GmbH bei ihren Fahrrädern Wert auf Langlebigkeit, Sicherheit und Komfort.

Ihre Ansprüche konnte die inbike GmbH weitgehend realisieren. Sie erhielt mehrere Designpreise für ihre Fahrräder und schnitt bei Tests immer sehr gut ab.
Die inbike GmbH geht auch bei dem Bau der Fahrräder effektiv und innovativ vor. Daher kann sie ihre Fahrräder trotz des hohen Qualitätsniveaus zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten.

Preisstellung
Die Preise für die inbike Fahrräder sind im gehobenen Bereich angesiedelt bieten aber ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Das gilt auch im Vergleich zu Fahrrädern der Konkurrenz, die ein vergleichbares Qualitätsniveau aufweisen.

Vertrieb
Der Vertrieb erfolgt über den Facheinzelhandel, teilweise unter Einbeziehung des Fachgroßhandels. Wichtige Einzelhändler werden von dem eigenen Außendienst betreut und direkt von der inbike GmbH beliefert.

Marktstellung des Unternehmens und Entwicklung
Informationen über Absätze, Umsätze, Marktanteile und deren Entwicklung können der Anlage-1 Marktentwicklung der inbike GmbH entnommen werden.

Markt/ Marktentwicklung
Informationen über den Fahrradmarkt und dessen Entwicklung können der Anlage-2 Marktdaten zum Fahrradmarkt   entnommen werden.

Wettbewerber/ Konsumenten
Informationen über den Wettbewerb und die Konsumenten bietet die Anlage-3 Informationen zum Fahrradmarkt.

Ziele
Marketingziele

  • Die inbike GmbH strebt ein moderates Absatz- und Umsatzwachstum an, dabei soll
  • zunächst die alte Marktstellung wieder erreicht und mittelfristig weiter ausgebaut werden

Kommunikationsziele

  • Die inbike GmbH strebt eine Erhöhung der aktiven und passiven Markenbekanntheit an.
  • Die inbike GmbH möchte bei den Zielpersonen ein klares Vorstellungsbild der Marke „inbike“ aufbauen, festigen und verankern. Dabei sollen die folgenden Aspekte berücksichtigt werden:
    Design
    Innovation
    Individualität
    Qualität, Zuverlässigkeit, Langlebigkeit

Zielgruppen
Die inbike GmbH berücksichtigt im Wesentlichen zwei Zielgruppen:

Zielgruppe 1
Personen ab 25 Jahren, die mindestens mehrmals pro Woche das Fahrrad als Verkehrsmittel benutzen oder mindestens gelegentlich in ihrer Freizeit Fahrrad fahren. Außerdem müssen sie aufgeschlossen gegenüber neuen Entwicklungen sein und bei technischen Geräten Wert auf das Design legen.

In der Zielgruppe befinden sich gemäß der Markt-Media-Studie „best for planning (b4p) 8,48 Mio. Personen.

Zielgruppe 2
Personen, die ein Elektrofahrrad oder ein Pedelec besitzen oder in den nächsten ein- bis zwei-Jahren anschaffen wollen.

Gemäß der Allensbacher Werbeträger-Analyse befinden sich in der Zielgruppe 5,32 Mio. Personen.

Inwieweit sich die beiden Zielgruppen 1 und 2 überschneiden, ist nicht bekannt.

Eigenschaften der Mitglieder von ZG 1
Die Eigenschaften wurden mit Hilfe der Studie „best for planning“ ermittelt.

Soziodemografie und geografische Merkmale

Geschlechterverteilung
In der Zielgruppe sind Frauen überproportional vertreten

Alter
hauptsächliche Altersklasse: 25 – 59 Jahre (82,3 % und überproportional), dabei ist die Altersgruppe 25 – 49 Jahre deutlich überproportional, die der 50 – 59 –jährigen nur leicht überproportional vertreten

Schulbildung/ Studium
Die Zielpersonen besitzen hauptsächlich einen mittleren Schulabschluss, z. B. Realschule oder einen Hochschulabschluss. Hier sind die Ausprägungen deutlich überproportional. Leicht überproportional sind Personen mit Abitur oder Fachhochschulreife, aber ohne Studium vertreten.

Berufstätigkeit
Die Zielpersonen sind größtenteils berufstätig, wobei knapp 60 % aller Zielpersonen voll berufstätig ist.

Haushaltsnettoeinkommen
Die mittleren und oberen Einkommensklassen sind überproportional vertreten. Knapp 60 % verfügen über ein Haushaltsnettoeinkommen von 2.500 EUR oder mehr. Fast 45 % können über 3.500 EUR oder mehr verfügen.

geografische Merkmale
Deutlich überproportionale Ausprägungen gibt es bei den Stadtstaaten sowie den nördlichen und östlichen Bundesländern. Westliche und südliche Bundesländer sind nur unterproportional vertreten. Die Wohnortgröße spielt für die Zielgruppenzugehörigkeit kaum eine Rolle.

Einstellungen

  • Die Zielpersonen legen Wert auf einen großen Freundeskreis, erwarten von diesem allerdings ein gewisses Niveau.
  • Sie sind familienfreundlich und kinderlieb.
  • Sie halten viele Kontakte über soziale Netzwerke im Internet.
  • Selbstverwirklichung und das Ausleben ihrer Individualität ist ihnen wichtig.
  • Sie sind
    – umweltbewusst,
    – leistungs- und bildungsorientiert und
    – interessieren sich für Kultur
  • Sie wollen viel erleben und sind dabei
    – spontan,
    – abenteuerlustig und
    – bereit, Risiken einzugehen
  • Trotzdem achten sie im täglichen Leben grundsätzlich auf Sicherheit.
  • Sie sind lebensbejahend und optimistisch und genießen ihr Leben.
  • Sie engagieren sich stark
    – in ihrem Beruf und
    – in der Gesellschaft
  • Sie streben nach Anerkennung und sind auch bereit, Verantwortung zu übernehmen.
  • Soziales und ökologisches Engagement sind ihnen wichtig.
  • Sie sind ernährungsbewusst und achten beim Einkauf von Lebensmitteln auf Qualität und umwelt- und sozialverträgliche Produktionsbedingungen
  • Sie sind sehr marken- und qualitätsbewusst und leisten sich auch gerne teure und luxuriöse Dinge, achten dabei aber auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit.
  • Gemäß der Definition der Zielgruppe sind sie neuen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen. Sie sind daher auch offen für neue Produkte, sind neuen Trends gegenüber aufgeschlossen und sind grundsätzlich bereit, sich darauf einzulassen.
  • Sie achten auf ihren Körper und ihr seelisches Gleichgewicht.
  • Gutes Aussehen ist ihnen sehr wichtig.
  • Sie geben anderen Ratschläge und berichten auch im Internet über Produkte und Dienstleistungen und geben Bewertungen ab.

Eigenschaften der Mitglieder von ZG 2
Die Eigenschaften wurden mit Hilfe der Studie „Allensbacher Werbeträger-Analyse“ ermittelt.

Soziodemografie

Geschlechterverteilung
Es gibt fast keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.

Alter
Hauptsächlich die Altersklasse 50 – 79 Jahre (fast 70 % aller Zielpersonen)

Schulbildung
Überproportional Fachhochschulreife und allgemeine bzw. fachgebundene Hochschulreife

  • Haupt-/ Volksschulabschluss entspricht der Verteilung in der Grundgesamtheit, hat aber mit 33,4 % den höchsten Prozentanteil.

Berufsabschluss
Meister, Fachschulausbildungen, z. B. Techniker und Fachhochschul- und Hochschulstudium sind deutlich überproportional ausgeprägt

  • Lehre bzw. vergleichbarer Abschluss entspricht der Verteilung in der Grundgesamtheit, hat aber mit 49,9 % den höchsten Prozentanteil

Berufstätigkeit
überwiegend und deutlich überproportional „nicht berufstätig“

  • volle Berufstätigkeit ist zwar deutlich unterproportional ausgeprägt und damit nicht typisch für die ZG, hat aber mit 34,7 % trotzdem einen relativ hohen Prozentanteil

Haushaltsnettoeinkommen

  • überwiegend und deutlich überproportional 2.500 EUR und mehr, der Schwerpunkt liegt mit 50 % bei 3.000 EUR und mehr

Einstellungen/ Interessen

  • Die Zielpersonen sind sehr marken- und qualitätsbewusst und bereit, für gute Qualität und anerkannte Markenprodukte auch mehr auszugeben
  • Sie sind daneben aber auch sehr umweltbewusst und legen Wert auf Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und sozialverträgliche sowie faire Produktionsverhältnisse und –bedingungen.
  • Sie sind durchaus genussorientiert, legen aber auch Wert auf ihre Gesundheit und körperliche Fitness.
  • Sie interessieren sich für neue technische Entwicklungen und sind Neuem gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen.
  • Sie haben ein breites Interessenspektrum, u. a.
    – Wissenschaft und Forschung
    – Psychologie/ Umgang mit Menschen
    – Ergebnisse von Warentests
    – Urlaub/ Reisen
    – Wellnessangebote
    – Architektur
    – Politik
    – Kunst
  • Sie wollen ein selbstbestimmtes, abwechslungsreiches und unabhängiges Leben führen, in dem sie immer neue Erfahrungen machen und weisen zudem eine überdurchschnittliche Risikobereitschaft auf.
  • Sie setzen sich mit den Sinnfragen des Lebens auseinander.
  • Sie halten sich gerne in der Natur auf.
  • Sie verfügen über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und lernen schnell und leicht neue Menschen kennen.
  • Sie sind selbstbewusst, überzeugungsstark und geben anderen Ratschläge und Empfehlungen.
  • Produktdesign und Aussehen ist ihnen nur durchschnittlich wichtig
  • Ihre Affinität zum Internet ist sogar nur unterdurchschnittlich ausgeprägt.
  • Ihre Informationen beziehen Sie hauptsächlich aus
    – Zeitungen
    – Zeitschriften incl. Spezialzeitschriften
    – Sachbüchern
    – Bücherei/ Bibliothek
    – Unternehmen, Organisationen, Verbänden
    – Messen/ Ausstellungen
    – TV, Hörfunk

 

Aufgabenstellung
Es ist ein Kommunikationskonzept für die Marke „inbike“ zu erstellen. In diesem Zusammenhang sind auch die angegebenen Kommunikationsziele und die Zielgruppen zu überprüfen. Vorschläge und Empfehlungen müssen jeweils begründet und erläutert werden.

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Arbeitsaufträge

Die inbike GmbH möchte eine Kommunikationsagentur mit der Entwicklung des Kommunikationskonzeptes beauftragen. Stellen Sie sich vor, dass das Briefing bei Ihnen als zuständigem Kundenberater eingeht.

 Aufgabe 1
Führen Sie eine Briefinganalyse durch. Prüfen Sie, ob das Briefing alle notwendigen Angaben enthält und diese auch ausreichend detailliert sind. Geben Sie ggf. an, welche Angaben fehlen bzw. unzureichend sind. Äußern Sie sich auch dazu, ob die Aufgabenstellung genau und klar genug formuliert und ausreichend strukturiert ist.

Aufgabe 2
Analysieren Sie die Marktentwicklung der inbike GmbH

Aufgabe 3
Stellen Sie die relevanten Informationen zur inbike GmbH und zum Fahrradmarkt übersichtlich in einem Datenblatt zusammen.

Aufgabe 4
Basis für die inhaltliche Ausrichtung des Kommunikationskonzeptes soll eine SWOT-Analyse sein. Erstellen Sie eine SWOT-Matrix, indem Sie Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken in ein entsprechendes Diagramm eintragen.

Aufgabe 5
Bewerten Sie die angestrebten Ziele. Äußern Sie sich auch dazu, ob die Ziele ausreichend operationalisiert wurden.

Aufgabe 6

  1. Bewerten Sie die beiden Zielgruppen hinsichtlich ihrer Eignung.
  2. Stellen Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Zielgruppen heraus.
  3. Äußern Sie sich begründet dazu, ob die inbike GmbH ggf. noch weitere Zielgruppen berücksichtigen sollte.

Aufgabe 7

  1. Leiten Sie eine Positionierung für die Marke inbike her. Beachten Sie dabei, dass die Positionierung für beide Zielgruppen passen muss.
  2. Konzentrieren Sie die Positionierung durch eine geeignete Positionierungsformulierung.
  3. Überprüfen Sie die Eignung Ihres Positionierungsvorschlags.

Aufgabe 8
Formulieren Sie vier Hauptbotschaften, die kommuniziert werden sollen. Geben Sie für jede Hauptbotschaft auch eine Begründung an, aus der hervorgeht, dass der im Rahmen der Botschaft versprochene Nutzen auch tatsächlich existiert. Machen Sie außerdem Angaben zur Umsetzung und Codierung der Botschaften in Kommunikationsmittel.

Aufgabe 9
Machen Sie begründete Angaben zu einer kreativen Leitidee für die Kommunikationsstrategie der inbike GmbH.

Aufgabe 10
Die inbike GmbH ist bereit, über einen Zeitraum von 2 Jahren 6 Mio. EUR für die Umsetzung des Kommunikationskonzeptes auszugeben.

  1. Schlagen Sie der Geschäftsführung der inbike GmbH vor, welche Kommunikationsinstrumente dazu eingesetzt werden sollen und begründen Sie Ihren Vorschlag.
  2. Geben Sie für eins der vorgeschlagenen Instrumente eine konkrete Kommunikationsmaßnahme an und arbeiten Sie diese detaillierter aus. Ihr Vorschlag ist zu begründen.

Die nächsten Beiträge beschäftigen sich mit Lösungshinweisen zu den Aufgaben dieser Fallsituation.

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